Er ist wieder da. Nein, nicht, was ihr denkt – ich meine natürlich den „Nanowrimo“, den National Novel Writing Month. Jedes Jahr im November setzen sich tausende tapferer Autorinnen und Autoren das Ziel, in 30 Tagen mindestens 50.000 Wörter an einem Roman zu schreiben. Ein ehrgeiziges Ziel, das aber durchaus erreichbar ist. Vor allem dann, wenn man ein paar Tipps zur Hand hat.
Ich habe für diesen Beitrag ein paar Ratschläge zusammen gekramt, die mir in den letzten Jahren eine große Hilfe waren. Vielleicht helfen sie ja auch euch.
1. Etappenziele setzen
„Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muß nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten.“
– Michael Ende, „Momo“
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: „Dann machte es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“
Große Ziele erreicht man mit kleinen Schritten, das gilt auch für den Nanowrimo. Wer nur auf den Berg aus Wörtern starrt, der vielleicht noch vor ihm liegt, schüchtert sich selbst unnötig ein. Kleine, erreichbare, aber trotzdem herausfordernde Ziele sind ideal, um die Motivation anzukurbeln.
Beispiele dafür?
Wie wäre es mit „30 min konzentriert schreiben“? Oder „in einer Stunde 1.000 Wörter schaffen“? Oder „jeden Tag das Tagessoll erfüllen“? Auch auf der Nanowrimo-Seite gibt es schöne Meilensteine, die man als Zwischenetappe anvisieren kann.
Wichtig ist, die eigene Leistungsfähigkeit zu kennen und die Ziele entsprechen sinnvoll zu setzen. Nicht zu leicht, das schafft keinen Ansporn, aber auch nicht zu schwer, um die Lust nicht zu verlieren.
Besonders effektiv sind solche Zieletappen übrigens dann, wenn ihr sie euch visualisiert. Macht zum Beispiel ein Kreuzchen in den Kalender, klebt ein Herzchen auf eure Pinnwand oder belohnt euch mit kleinen Süßigkeiten. Macht eure Erfolge sichtbar, für euch und für andere. Denn selbst wenn ihr am großen 50.000-Wörter-Ziel scheitert habt ihr eine tolle Übersicht über das, was ihr trotzdem geschafft habt.
2. Kleine Zeiteinheiten planen
Es ist Samstag und ihr habt den ganzen Tag Zeit für den Nano? Toll, da geht doch was. Da kann man auch mal zwischendurch ein paar Folgen auf Netflix gucken. Oder auf Twitter rumhängen. Noch ein Kapitel lesen. Einen Spaziergang machen. Äh, ups? Wohin ist der Tag verschwunden?
Kennt ihr das? Ich schon. Deswegen, teilt euch kleine, aber effektive Zeiteinheiten für die Arbeit ein. Die Pomodoro-Technik ist eine hervorragende Möglichkeit dafür. Ihr stellt einen Wecker auf 20, 25, 30 oder auch 45 min, je nachdem, was euch am besten liegt (da kann man ruhig ein wenig herumprobieren) und dann arbeitet ihr konzentriert, bis der Wecker klingelt. Keine Ablenkungen, kein Internet, nur fokussiertes Schreiben. Nach Ablauf der Zeit gönnt ihr euch fünf Minuten Pause, macht euch einen Kaffee, geht aufs Klo, checkt die Emails – und dann geht es weiter. Je nachdem, wie viel Zeit ihr habt, könnt ihr dieses Prozedere beliebig oft wiederholen, bis ihr euch eine längere Pause gönnt, zum Beispiel für eine Serienfolge oder einen Spaziergang.
Auch Wordsprints (z.B. bei GerNoWriMo), Wort-Battles gegen andere Naniten, Wordcrawls (zum Beispiel unter dem Hashtag #nornencrawl) oder andere kurze Schreibaufgaben können helfen, die Zeit so produktiv wie möglich zu strukturieren.
3. Ablenkungen eliminieren
Manchmal bleiben am Tag nur wenige Minuten Zeit für konzentriertes Arbeiten – nutzt diese Zeit, sie gehört allein euch und eurem Nano-Projekt. Schaltet das Internet ab, sofern ihr nicht recherchieren müsst, macht das Handy aus oder loggt euch zumindest bei Twitter, Facebook und anderen Social Media Plattformen aus. Informiert eure Mitbewohner/Partner, dass ihr jetzt etwas Ruhe braucht. Sucht euch, wenn möglich, einen Ort, an dem ihr ungestört bleiben könnt.
Ihr kennt das, je weniger man sich selbst in Versuchung führt, zu prokrastinieren, desto schwieriger wird es. Verbindet das Ganze am besten mit Tipp Nummer 2.
Und nicht vergessen: Manchmal ist Ablenkung wichtig. Denkt an euch und an euer persönliches Wohlbefinden, das ist wichtiger als jedes geschriebene Wort.
4. Austausch suchen
Der Nanowrimo ist kein einsamer Schreibmonat, außer, ihr wollt es so. Aber, das zeigt meine Erfahrung, im Team läuft vieles einfacher. Im Nanowrimo-Forum, auf Twitter, in Facebook-Gruppen und zahlreichen Schreibforen findet ihr überall Mitstreiter*innen auf eurer tapferen Quest zu den 50.000 Wörtern und steigert damit nicht nur eure Produktivität, sondern vor allem den Spaß an der Sache. Ihr findet Ansprechpartner*innen, wenn ihr gerade in einem Loch steckt, Motivatoren, die euch anfeuern, Battlepartner*innen, um euch zu Höchstleistungen aufzuschwingen, und Streicheleinheiten, wenn ihr euch auskotzen müsst.
So wird aus dem Nanowrimo kein verbissener Einzelkampf, sondern ein echtes Happening. In zahlreichen Städten gibt es übrigens auch gemeinsame Schreibtreffen während des Nanos. Informationen dazu findet ihr in der deutschen Sektion des Nanowrimo-Forums.
5. Den Spaß nicht vergessen
Der letzte Punkt ist vielleicht der Wichtigste. Der Nanowrimo soll Freude machen, motivieren, anspornen. Es ist eure Chance, eurem Schreibprojekt eine ganz besondere Position in eurem Alltag einzugestehen, die ihr ihm sonst vielleicht nicht einräumen könnt, und gemeinsam mit anderen Autorinnen und Autoren etwas Neues zu schaffen.
Wenn aus dem Miteinander ein Gegeneinander wird, aus der täglichen Motivation unerträglicher Druck oder wenn ihr über eurem Projekt euer Wohlbefinden, eure Gesundheit oder euer Sozialleben vernachlässigt, zieht lieber die Reißleine. An den 50.000 zu scheitern ist keine Schande, auch 10 oder 20.000 Wörter sind eine enorme Leistung. Was zählt ist eure Freude am Projekt, euer Ehrgeiz, etwas zu erreichen, und der Spaß am Miteinander.
Macht eine Pause, wenn es zu viel wird. Verzichtet auf ein paar Wörter, wenn es euch gerade guttut. Vielleicht könnt ihr damit neue Energie tanken und Schwung holen für die nächste Etappe.
Außerdem: Regeln sind da, um gebrochen zu werden. Gestaltet den Nano so, dass er euch bei eurem Schreibprojekt und in eurer aktuellen Schreibphase hilft. Es gibt genug Wörter für alle, niemand nimmt anderen etwas weg, und nur weil eure Mitstreiter*innen andere Rhythmen, anderes Tempo oder andere Gewohnheiten haben, macht sie das nicht besser oder schlechter. Nur anders.
So, ich hoffe, diese kleine Sammlung an Ideen hilft euch vielleicht ein bisschen, nicht nur im Nano, sondern auch in der täglichen Routine. Falls es euch hilft: Von meinen veröffentlichten Romanen habe ich drei im Nanowrimo geschrieben, „Opfermond“ (komplett), „Sand & Wind“ (komplett) und „Sand & Klinge“ (zum Großteil). Es kann sich also für euch lohnen.
Allen Naniten wünsche ich einen tollen, produktiven Monat und viel Freude an eurem Roman. Haut rein!
Eure Elea
Kleine Schritte machen könnte auch bedeuten: Jeden Tag 150 Wörter aufschreiben. In einem Jahr (150 Wörter x 365 Tage) käme man auf etwa 54.000 Wörter. Für 150 Wörter täglich bräuchte man nicht so viel Zeit, wie für 1667 Wörter. Und man stünde nicht unter Druck, auf einmal mehr schreiben zu müssen, als man sonst nicht schreibt.
Hallo Leerseiten,
das stimmt, ich hab auch die Erfahrung gemacht, dass Schreibroutine generell wichtig ist. Es ist schön, wenn man im Nano über sich hinauswächst, aber langfristig ist es natürlich sinnvoll, ein Pensum zu finden, das man gut mit dem Alltag vereinbaren kann. Ich denke, es ist immer eine Ermessensentscheidung, ob man den „Druck“ von 50.000 Wörtern tatsächlich als Belastung oder als Motivation empfindet. Da tickt jeder anders. Wenn sich 1667 Wörter nur wie eine Belastung anfühlen und nicht wie ein erstrebenswertes Ziel, dann ist es sicher besser, ein niedrigeres Ziel anzusetzen. Wie ich schon sagte: Die Freude soll im Vordergrund stehen.
LG Elea