Warum „Unter einer Krone“ voraussichtlich nicht erscheinen wird
Ihr Lieben, ich gestehe, dieser Schritt fällt mir nicht leicht, aber ich fürchte, er muss sein. Ich habe die Situation mittlerweile einige Male hin und her gewälzt und am Ende eine Entscheidung gefällt. „Unter einer Krone“, der zweite Band von „Unter einem Banner“, wird fürs Erste nicht veröffentlicht.
Ich weiß, viele von euch werden jetzt sicherlich enttäuscht sein und das kann ich gut verstehen (bin ich auch). Aber ich will euch erklären, wie es dazu kam, und hoffe, ihr könnt die Entscheidung am Ende nachvollziehen.
„Unter einer Krone“: Ein steiniger Weg
Der Entstehungsprozess von „Unter einer Krone“ zieht sich mittlerweile schon sehr lange hin. Begonnen habe ich mit dem Projekt bereits vor über einem Jahr, also kurz nachdem „Unter einem Banner“ erschienen war. Zufrieden war ich aber nicht mit dem Fortschritt, auch nicht mit dem Plot. Es passte nicht. Also: In die Ecke gelegt, gewartet. Neustart. Wieder nicht zufrieden. Umgebaut. Neustart. Und so ging das eine ganze Weile. Wann immer ich das Gefühl hatte, es könnte funktionieren, wurde ich am Ende eines Besseren belehrt und war mit dem Ergebnis unzufrieden. Das Schreiben war müßig, die Figuren fühlten sich hölzern an und der Plot schlecht konstruiert.
Anfang des Jahres habe ich dann den Schritt gewagt, mir einen Paten als Begleiter zu suchen, in der Hoffnung, dass ich es mit seiner Hilfe schaffen würde, das Buch zu einem guten Ende zu bringen. Tatsächlich war mir Raphael auch eine wirklich große Unterstützung in dieser Zeit. Ohne ihn hätte ich das Handtuch sicher schon viel früher geworfen.
Mittlerweile ist die Rohfassung fast fertig, nur ein Schluss fehlt noch – und trotzdem habe ich das Manuskript jetzt seit rund einem Monat nicht mehr angefasst. Der Grund ist einfach: Es gefällt mir nicht. Und im Gegensatz zu vielen anderen Rohfassungen, die mir oft auch nicht so richtig gefallen (ihr wisst ja: „First draft is always shit“), geht die Abneigung tiefer. Es ist kein „meeh, doof“, sondern ein „da passt etwas Grundlegendes nicht“.
Diese Empfindung hat, denke ich, mehrere Gründe.
1. Fortsetzung als Stückwerk
„Unter einem Banner“ war als Einzelband konzipiert. Zwar mit der grundlegenden Option auf Fortsetzung, aber wirklich angelegt war der zweite Band nicht. Das heißt, es gibt keine offenen Fäden, die aufgegriffen werden können, keine Nebenfiguren, deren Entwicklung ich sinnvoll weiterführen könnte, keine Plotlines, die Leser*innen bei der Stange halten. Der zweite Teil wirkt angestückelt, und das lässt sich natürlich auch nicht mehr beheben, denn Band eins ist ja schon fertig.
2. Nicht gut genug?
Der Roman fühlt sich nach einem stilistischen Downgrade an. Das mag sehr subjektiv sein und vielleicht auch daran liegen, dass ich mittlerweile höhere Erwartungen an mich und meine Texte stelle, aber meistens sind meine Einschätzungen diesbezüglich einigermaßen realistisch. Wenn mir etwas an meinem Schreiben nicht gefällt, gibt es in der Regel einen Grund dafür – er liegt nur nicht immer auf der Hand. Daran könnte ich sicherlich arbeiten, aber das führt mich zu Punkt drei.
3. Der Funke, der nicht überspringt
Ich will nicht. Ich will dieses Buch so, wie es jetzt ist, nicht fertig schreiben, ich will es nicht in der Hand halten, ich will es nicht veröffentlicht sehen. Hört sich jetzt ein bisschen nach trotzigem Kind an, zugegeben, ist aber mehr als das. Es gab schon früher widerspenstige Projekte aus meiner Feder. „Mutterschoß“ war zum Beispiel so eines. Trotzdem habe ich mit Leidenschaft daran gearbeitet und gefeilt (meistens), weil ich wollte, dass es gut wird, weil ich daran geglaubt habe. Dieser Funke fehlt mir bei „Unter einer Krone“.
Als Autorin, die nicht auf das Schreiben als Broterwerb angewiesen ist, habe ich den Luxus, mir meine Projekte aussuchen zu können – und genau das will ich auch weiterhin tun. Das Schreiben ist meine Passion. Ja, manchmal ist es harte Arbeit, manchmal macht es auch keinen Spaß, aber der Erfolg gab mir am Ende immer recht (und Erfolg ist hier nicht finanziell oder wirtschaftlich zu sehen, sondern rein persönlich).
Bei „Unter einer Krone“ fühlt es sich nicht nach Erfolg an, zumindest zur Zeit nicht. Von daher habe ich immer stärker den Eindruck, Kraft, Energie und Zeit auf ein Projekt zu verwenden, das mich nicht glücklich macht oder erfüllt. Und so sollte es nicht sein.
4. Rausgewachsen
Last but not least ein Grund, der sich mir erst unlängst wirklich erschlossen hat: Ich habe den Eindruck, aus meinem Weltenbau von „Unter einem Banner“ herausgewachsen zu sein. In den letzten zwei Jahren, seit ich den Roman geschrieben habe, ist viel passiert. Ich habe mich in vielen Dingen weiterentwickelt, neue Interessen und Wünsche gefunden, auch beim Schreiben, und bin motiviert, diese auch umzusetzen.
Das Fantasy-Setting von „Unter einem Banner“ ist sehr generisch – und das sollte es damals auch sein. Ich wollte ein ganz klassisches Low-Fantasy-Setting im Stil von „Game of Thrones“, inklusiver aller Klischees und Einschränkungen, die das mit sich bringt (wenig Frauen, patriarchale Strukturen, nur weiße Akteur*innen etc.).
Diese Klischees sind mittlerweile gesetzt, das heißt, ich entkomme ihnen auch im zweiten Band nicht, ohne die Grundlagen meiner erdachten Welt auszuhebeln. Ich hatte mich zwar darum bemüht, im Rahmen dessen, was möglich ist, in „Unter einer Krone“ mehr Wert auf diese Aspekte zu legen, aber richtig befriedigend fühlt es sich nicht an. Der Weltenbau gibt das so, wie er ist, einfach nicht her, ohne unglaubwürdig zu wirken. Mir bleibt also nur die Option, Abstriche zu machen. Und das gefällt mir ehrlich gesagt nicht und fühlt sich nicht nach mir an und nach dem, was ich mir für meine Bücher derzeit wünsche.
Sag niemals nie?
Ich hoffe, vor dem Hintergrund dieser Aspekte könnt ihr meine Entscheidung ein bisschen nachvollziehen. Ich weiß, ich könnte dieses Buch fertig schreiben, aber es wäre nicht gut. Es wäre nicht ich. Es würde hinter meinen eigenen Wünschen und Erwartungen zurückbleiben.
Ich möchte euch keinen Roman präsentieren, hinter dem ich nicht mit ganzem Herzen stehe, der mich nicht überzeugt oder mir das Gefühl gibt, nur geschrieben zu sein, damit er geschrieben ist. Ebenso wenig will ich Zeit und Kraft auf ein Projekt verwenden, das mir Bauchschmerzen verursacht. Ich habe mich entschieden, das Schreiben aus Leidenschaft fortzuführen, nicht aus Verpflichtungen heraus. Und diese Leidenschaft will ich mir bewahren.
Ich möchte an dieser Stelle nicht so weit gehen zu sagen, dass das Buch niemals erscheinen wird. Ich werde die Texte auch nicht löschen. Aber ich sehe derzeit keine Zukunft für mich und das Buch – also bitte, wartet nicht darauf. Ich werde weiterhin queer schreiben, das ist ganz klar, vielleicht wird es in naher Zukunft auch wieder Romane mit einer Liebesgeschichte geben, ähnlich wie in „Unter einem Banner“. Nur die Fortsetzung selbst wird es in nächster Zeit nicht geben.
Lehrgeld bezahlt
Auch wenn diese Situation jetzt sehr unbefriedigend ist, ich habe einiges daraus gelernt. Ich werde definitiv keine Fortsetzungen mehr ankündigungen, derer ich mir nicht völlig sicher bin. Ich möchte vermehrt daran arbeiten, wie ich meine Plots aufbaue und konstruiere (damit bin ich noch ziemlich unzufrieden) und ich will mir selbst wieder etwas mehr Raum zum Atmen lassen, damit ich wieder mit Freude und Elan an die Arbeit gehen kann.
Mir ist klar, dass sich viele von euch schon auf das Buch gefreut hatten, und es tut mir sehr leid, euch damit jetzt enttäuschen zu müssen. 🙁 Aber ich will weder euch noch mich belügen. Ich will gute Bücher schreiben, Bücher, die mich mit Freude und Leidenschaft erfüllen, und euch einen Teil davon zurückgeben. Ich hoffe, das ist okay für euch, und ihr findet vielleicht unter meinen anderen Geschichten etwas, das euch ebenfalls begeistern kann. Es würde mich wirklich freuen, wenn ihr mir weiterhin als Leser*innen die Treue haltet.
Und ansonsten: Andere Autor*innen haben auch schöne Bücher. 😉
Alles Liebe und danke euch allen fürs Zuhören!
Eure Elea
Übrigens: Wenn ihr doch noch einmal in die Welt von „Unter einem Banner“ eintauchen und eine weitere Kurzgeschichte (aus Reyans Vergangenheit) erleben wollt, werdet ihr beim Bonusmaterial fündig. 🙂
Hallo Elea,
Ich kann das – als Leserin – gut nachvollziehen. Du hast mir damals „Unter einem Banner“ zugesendet und ich fände die Geschichte auch wirklich gut. Allerdings muss ich zugeben, dass ich sehr überrascht war, als ich erfahren habe, dass es einen zweiten Teil geben soll. Für mich war alles abgeschlossen und stimmig.
Daher finde ich kann man als Leser Dir keinen Vorwurf machen. Du lässt uns nicht in der Luft hängen etc. Klar wäre es schön noch ein bisschen mehr Zeit in der Welt verbringen zu können, aber wenn nicht dann eben nicht.
Ich finde wichtig ist wie du das Buch dann findest. Denn wenn du nicht 100% zufrieden bist überträgt sich das ja auch!
Liebe Grüße
Danke dir, Mimi <3
Als Autorin ist es immer schwer, Figuren ziehen zu lassen, wahrscheinlich kam daher der Wunsch, weiterzumachen. Aber letztlich tue ich den beiden ja auch einen Gefallen, wenn ich sie in Ruhe lasse und nicht mit noch mehr Ärger zumülle. Sie werden es mir danken. Mehr oder weniger. 😉
Liebe Grüße,
Elea
Liebe Elea,
ich bin eine derjenigen, die sich schon sehr auf „Unter einer Krone“ gefreut haben, denn Gay Romance ist eines meiner Lieblingsgenres. „Unter einem Banner“ war das erste Deiner Bücher, das ich gelesen habe (und zwar mit Begeisterung).
Und trotzdem bin ich nur ein winziges bisschen enttäuscht, dass Du „Unter einer Krone“ aufgegeben hast. Deine Argumente kann ich alle gut nachvollziehen. Vor allem tut es mir Leid, dass Du Dich beim Schreiben so quälst und auch bei Dir selbst der Funke nicht wirklich übergesprungen ist. Ich stelle mir vor, dass AutorInnen bei der ganzen Arbeit, Schweiß und Frust, die in so ein Projekt fließen, auch immer begierig sind, die Geschichte und die Figuren mit den LeserInnen zu teilen. Und das klingt bei Dir nun überhaupt nicht so. Also verstehe ich komplett, dass Du Dich Projekten zuwendest, bei denen es so ist. Das ist definitiv die richtige Entscheidung.
Klar, „Unter einem Banner“ hat mich auf Deine Bücher aufmerksam gemacht. Aber es ist ja nicht nur die Tatsache, dass sich zwei tolle Männer ineinander verlieben, die dafür gesorgt hat, dass ich das Buch so mochte. Es lag auch zum großen Teil daran, dass ich die Art, wie Du erzählst, sehr mag. Die Welt, die Du in „Opfermond“ erschaffen hast, fand ich faszinierend. Deinen Figuren bin ich immer nah.
Also lese ich wie geplant bald „Sand und Wind“ und warte dann einfach geduldig auf die nächste Veröffentlichung von Dir, mit der Du glücklich bist und das Gefühl hast, dass „es passt“.
Vielleicht haben Reykan und Benrik irgendwann eine neue gemeinsame Geschichte zu erzählen. Vielleicht auch nicht. Das ist beides völlig in Ordnung.
Vielen Dank, dass Du uns Leser in Deine Gedanken und Überlegungen hast schauen lassen. Ich weiß das sehr zu schätzen! Und ich wüsche Dir immer viel Begeisterung beim Schreiben, egal, was Du uns gerade erzählen möchtest.
Liebe Grüße
Gabi
Liebe Gabi,
vielen Dank für deine lieben Worte. <3 Jetzt muss ich mir glatt ein kleines Tränchen wegwischen.
Genau das, was du formuliert hast, war für mich der springende Punkt: Bei allem Schweiß und Frust, den das Schreiben manchmal mit sich bringt, war bisher immer etwas da, das mich motiviert hat, weiter zu machen. Und das fehlte mir bei "Unter einer Krone" einfach. Nicht immer, es gab auch gute Tage, aber im Großen und Ganzen war es sehr mühsam. Das hab ich vor allem gemerkt, nachdem ich den Entschluss im Kopf für mich gefasst hatte, es wegzulegen. Da war so viel Erleichterung plötzlich, so viel innere Freiheit. Das hat mich letztlich dazu bewogen, einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen (zumindest fürs Erste).
Es wird auf jeden Fall weitergehen und dann – so hoffe ich – auch mit Figuren, Geschichten und Welten, für die ich mich genauso begeistern kann, wie meine Leser*innen. <3
Liebe Grüße und danke,
Elea