Warum wir alle neidisch sind – und sein dürfen
Neid ist eine normale soziale Reaktion – und dennoch verpönt. Warum man sich für Neidgefühle gerade im künstlerischen Bereich nicht zu schämen braucht und was man dagegen tun kann, erzähle ich euch in diesem Artikel.
Hallo, ich bin Elea, und ich bin neidisch
Ich beginne diesen Beitrag mit einem Geständnis: Ich bin Elea, ich bin Autorin und sehr oft neidisch. Eigentlich vergeht kein Tag, an dem ich nicht über eine Meldung in den sozialen Medien scrolle und frustriert feststelle, dass andere mehr erreichen, mehr haben oder erfolgreicher sind als ich. Meist verbunden mit der Frage „Warum du und nicht ich?“. Ein schönes Gefühl ist das nicht, aber auch kein seltenes. In einer Studie mit Facebook-Nutzern gaben 185 von 200 Befragten an, bisweilen Neid zu empfinden, wenn andere Dinge besitzen, die sie nicht haben.1
Der Sozialpsychologe Jan Crusius definiert Neid wie folgt: „Neidisch werden wir, wenn wir uns mit einer anderen Person vergleichen und dabei feststellen: Sie ist uns überlegen in dem, wie sie ist, was sie besitzt oder erreicht hat.“
Guter und schlechter Neid
Neid kann dabei verschiedene Dimensionen annehmen. Die Sozialpsychologen Rolf Haubl und Elmar Brähler unterscheiden in einer repräsentativen Umfrage in Deutschland zwischen vier Arten von Neid.2
- Ehrgeizig-stimulierender Neid (Gefühl der Bewunderung, „ich will dir nacheifern“)
- Empört-rechtender Neid (Gefühl der Benachteiligung, „das ist unfair, ich will Gerechtigkeit“)
- Feindselig-schädigender Neid (Ärger und Wut, „du sollst dafür bezahlen“)
- Depressiv-lähmender Neid (Traurigkeit und Frust, „ich kann sowieso nichts daran ändern“)
Neid vs. Missgunst
Im Sprachgebrauch unterscheiden wir hier bisweilen „Neid“ und „Missgunst“. Wer neidisch ist, ist zwar traurig, frustriert oder wütend darüber, weniger zu haben als jemand anderes, kann dieser Person ihren Erfolg aber durchaus gönnen. Wer missgünstig ist, ist hingegen davon überzeugt, dass die andere Person diesen Erfolg nicht verdient hat. Ganz so eindeutig ist die Abgrenzung allerdings nicht, denn zwischen Neid und Missgunst liegen zahlreiche Untertöne.
Klar ist, dass sich die meisten Formen von Neid erst einmal unangenehm anfühlen – und sie sind sozial geächtet. Nicht umsonst gilt Neid als eine der sieben Todsünden des Christentums. Neidische Menschen sind boshafte Menschen, so die landläufige Meinung. Menschen, die selbst nichts leisten, aber missgünstig auf andere schielen. Zweifellos gibt es Individuen, die in diese Kategorie fallen, aber das sind beileibe nicht die meisten. Neid ist nicht per se boshaft, sondern in erster Linie eine emotionale Reaktion auf wahrgenommene Ungleichheit. Er muss auch nicht immer zu zerstörerischem Verhalten führen, sondern kann auch motivierend und befreiend sein. Aber dazu später mehr.
Woher kommt der Neid?
Das Konzept von “Neid” klingt erst einmal simpel, allerdings sind wir nicht auf jede Person, die mehr besitzt oder größere Erfolge erzielt, automatisch neidisch. Manche sind uns auch ziemlich egal. Woran liegt das, dass wir bei bestimmten Personen mehr Neid empfinden als bei anderen?
Die Sozialpsychologie hat einige Faktoren identifiziert, die für Neidgefühle relevant sind. Neid ist dann wahrscheinlicher, wenn wir uns mit ähnlichen Personen vergleichen und wenn die Dimension persönlich bedeutsam für uns ist.
Das ist ziemlich naheliegend: Wenn man anfängt, Bücher zu schreiben, empfindet man nicht unbedingt Neid auf internationale Bestseller-Autor*innen, sondern eher gegenüber der Kollegenschaft aus den eigenen Reihen, deren Ausgangssituation der eigenen ähnelt. Ebenso gibt es keinen Grund für Neid, wenn die Dimension, in der eine Person erfolgreich ist, für einen selbst keinerlei Bewandtnis hat. Neid auf Fußballprofis ist mir zum Beispiel relativ fremd, weil mir Fußball persönlich nichts bedeutet.
In der Psychologie kann man zwischen Neid als stabiler Eigenschaft und als situativem Zustand unterscheiden. Manche Menschen neigen stärker zu Neid als andere, zum Beispiel aufgrund persönlicher Erfahrungen oder Persönlichkeitseigenschaften. In bestimmten Situationen können aber alle Menschen Neid empfinden, auch wenn sie sonst nicht zu diesem Gefühl tendieren.
Neid und Kontrolle
Neid ist zudem wahrscheinlicher, wenn die Betroffenen das Gefühl haben, ihren Erfolg nicht selbst in der Hand zu haben, sondern der Willkür anderer ausgeliefert zu sein. Gerade im künstlerischen Bereich ist das ein entscheidender Punkt, denn egal ob in der Literatur-, Kunst-, oder Musik-Branche – Qualität und harte Arbeit sind leider keine Garanten für Erfolg. Erfolg ist abhängig von einer Vielzahl verschiedener Aspekte, von denen nur wenige tatsächlich kontrolliert und beeinflusst werden können.
Beeinflussen können wir, in einem gewissen Grad, Inhalt und Qualität unserer Arbeit und Strategien zur Produktion und Vermarktung unserer Produkte. Ich kann dafür sorgen, dass meine literarische Qualität besser wird, kann mich weiterbilden, dazulernen, Netzwerke aufbauen und so weiter. Allerdings sind wir auch hier durch unsere individuellen Ressourcen limitiert, von finanziellen, aber auch von zeitlichen, psychischen oder körperlichen. Wer nebenbei noch Carearbeit leisten muss, in Armut lebt oder schnell körperlich oder psychisch erschöpft, muss seine Ressourcen anders verteilen als jemand, der sich ganz auf die kreative Arbeit konzentrieren kann. Schon hier stößt Kontrolle also an ihre Grenzen, denn Menschen, die weniger Privilegien besitzen, müssen unter Umständen wesentlich mehr leisten, um an denselben Punkt wie andere zu gelangen. Auf solche Ungerechtigkeiten mit Frust zu reagieren, erscheint naheliegend.
Wenn „alles“ nicht genug ist
Darüber hinaus gibt es auf dem Buchmarkt auch zahlreiche Faktoren, die Schreibende unabhängig von ihrer Ausgangssituation nie zu 100 % beeinflussen können. Dazu zählen Marktinteressen, Werbebudget, Platzierung des Werks (z.B. im Buchhandel oder auch online) und Rezeption durch die Leserschaft. Niemand hätte den Erfolg von Bestsellern wie „Twilight“ oder „50 shades of Grey“ vorhersagen können – und vermutlich gab es davor Hunderte ähnlicher Titel, die nie die Bestsellerlisten gestürmt haben. Erfolg auf dem Buchmarkt ist immer noch eine Blackbox und jede Veröffentlichung ein neuer Kampf.
Es überrascht daher nicht, dass im Literaturgeschäft viele mit Neid zu kämpfen haben. Man gibt alles – und es genügt nicht. Sieht man dann noch dabei zu, wie andere die Erfolge einheimsen, die man sich selbst wünscht, führt das schnell zu Frust.
Neid und Minoritätenstress
Unsere Welt wird immer ungerechter, das ist keine Polemik, sondern ein trauriger Fakt. Die Arm-Reich-Schere klafft zunehmend weiter auseinander und das Erstarken rechter und rechtsextremer Kräfte führt zu einer zunehmenden Ausgrenzung marginalisierter Menschen. Während privilegierte Personen oft davon überzeugt sind, dass es in der Welt per se gerecht zugeht, dass Menschen das bekommen, was sie verdienen, und dass sich harte Arbeit immer auszeichnet, erleben Marginalisierte oft das Gegenteil. Sie branden an gläserne Decken oder werden sogar aktiv ausgegrenzt. Das trifft auch auf den Buchmarkt zu. Own Voice Autor*innen haben es in vielen Bereichen immer noch schwer, Gehör zu finden, ihre eigenen authentischen Geschichten zu erzählen.
In diesem Kontext von “Neid” zu sprechen, erscheint unangemessen, denn allzu oft werden marginalisierte Stimmen damit zum Schweigen gebracht. “Du bist doch nur neidisch” heißt es dann. Berechtigte Kritik wird entwertet, indem sie Neid oder Missgunst zugeschrieben wird, statt der berechtigten Auseinandersetzung mit unfairen Strukturen. Aber ganz abgesehen davon: Ist es so abwegig, wütend auf Ungerechtigkeit zu sein? Auf gläserne Decken, Gatekeeping-Strukturen und konservativen Vorstellungen von “Literatur”? Neid ist letztlich nur die Konsequenz wahrgenommener Ungerechtigkeit – und diese wächst leider immer weiter. Insbesondere in Pandemie-Zeiten.
Neid und die sozialen Medien
Die sozialen Medien sind in dieser Hinsicht gleichermaßen Fluch und Segen. Während das Internet einerseits Barrieren abgebaut hat und mehr Menschen Teilhabe verspricht, zeigen zahlreiche Studien, dass die sozialen Medien Neid befeuern können. Sie machen es leicht, sich mit anderen zu vergleichen, und bieten sogar vermeintlich harte Kennzahlen dafür. Ein einziger Klick auf ein Profil genügt, um zu vergleichen, wer mehr Follower, mehr Likes oder mehr Kommentare erhält.
Hinzu kommt, dass Präsenz in den sozialen Medien oft geschönt wird, insbesondere da, wo die Profile zu Marketing-Zwecken genutzt werden. Unternehmen und Selbständige wollen schließlich nicht von ihren Fehlschlägen berichten, sondern von ihren Erfolgen und den Vorteilen ihrer Produkte. Literatur-Bubbles sind daher oft voll von Erfolgsmeldungen über Verlagsverträge, fertige Bücher, schöne Cover und dergleichen mehr. Wenn man sich dann selbst nicht in der Position sieht, über Erfolge zu berichten, kann sich das schnell frustrierend anfühlen. Und dann droht auch der Neid.
Das ist doch ein Kompliment!
Es gibt zahlreiche Zitate und Aphorismen, die besagen, Neid sei eine besondere Form der Anerkennung. Man sollte also davon ausgehen, dass es sich gut anfühlt, beneidet zu werden, doch meist ist das Gegenteil der Fall. Es ist schön, ehrlich bewundert zu werden, denn das signalisiert Wertschätzung und Anerkennung. Bei Neid hingegen schwingt oft der leise Vorwurf mit, die Person habe ihren Erfolg nicht verdient. Dabei ist oft das Gegenteil der Fall. Neid kann auch auftreten, wenn man einer Person ihren Erfolg von Herzen gönnt und dennoch traurig, frustriert oder unzufrieden ist weil man ihn selbst nicht erreicht hat. Kurzum, Neid ist meist für beide Parteien unangenehm.
Was hilft gegen Neid?
Es lässt sich also schlussfolgern, dass Neid unter bestimmten Bedingungen – bei schwer zu kontrollierenden Umständen, bestehenden Ungerechtigkeiten, Themen, die uns wichtig sind, und Personen, die uns ähneln – eine normale menschliche Reaktion darstellt. Die entscheidende Frage ist nun, wie gehen wir damit um? Was machen wir aus der Erkenntnis, dass andere besser sind als wir oder größere Erfolge erzielen? Ich habe da ein paar Ideen zusammengetragen.
Gefühle zulassen und kanalisieren
Neid kann Frust, Wut oder Trauer auslösen und diese Gefühle sind valide. Wir sind keine schlechten Menschen, weil wir so empfinden. Wir sind einfach Menschen und dabei alles andere als perfekt. Manchmal hilft es, sich einen Moment zu nehmen und darüber nachzudenken, was genau diesen Frust verursacht hat. Oft ist es nämlich gar nicht die eine Person, der man den Erfolg neidet, sondern etwas ganz anderes: Unzufriedenheit mit sich selbst und dem eigenen Fortschritt, Frust über ein System, das bestimmte Menschen grundlos benachteiligt, Wut auf die Auswüchse des Turbokapitalismus, der uns immer wieder anspornt, noch besser, leistungsfähiger und produktiver zu sein, oder emotionale Erschöpfung aufgrund einer andauernden Pandemie. Sich das zu vergegenwärtigen, hilft zwar nicht unbedingt dabei, die Zukunft in einem besseren Licht zu sehen, aber durchaus im Umgang mit dem eigenen Neid. Und man fühlt sich vielleicht weniger mies danach.
Self-care und Pause machen
Manchmal ist es auch einfach nötig, auf sich selbst zu achten und die eigene Psyche zu schonen. Wenn Erfolgsmeldungen anderer gerade nur Schmerz, Wut und Trauer auslösen, kann es eine gute Idee sein, sich eine Weile aus den sozialen Medien zurückzuziehen, bestimmte Inhalte stummzuschalten und sich um sich selbst zu kümmern. Vielleicht hilft etwas Entspannung oder Ablenkung, vielleicht ein klärendes Gespräch.
Erfolge wertschätzen
Oft sind wir mit uns weit ungnädiger als mit anderen. Während wir die Erfolge anderer mit Argusaugen beobachten, kommen uns die eigenen Fortschritte manchmal unbedeutend vor. Zum einen haben wir ja gelernt, immer schön bescheiden zu sein, zum anderen ist die Selbstwahrnehmung auch nicht immer akkurat. Wahrscheinlich gibt es da draußen ebenso viele Menschen, die uns um unsere Erfolge beneiden, wie umgekehrt. Das ist ja das Gemeine am sozialen Vergleich, egal, wie erfolgreich wir sind, andere werden immer noch besser sein. Das ist okay, und es ist normal. Es ist wichtig, dass wir unsere persönlichen Erfolge wertschätzen lernen, dass wir anerkennen, was wir geleistet haben und was wir vielleicht einfach nicht leisten konnten. Aus Gründen, die nicht immer unserer Kontrolle unterliegen.
Misserfolge kommunizieren
Aus Schaden wird man klug, lautet ein bekanntes Sprichwort, und das trifft auch auf das Literaturbusiness zu. Wer Geschichten veröffentlichen will, hat immer Misserfolge zu tragen: abgelehnte Manuskripte, Phasen fehlender Kreativität, schlecht verkaufte Bücher, betrügerische Verlage und vieles mehr. Auch Misserfolge haben ihren Platz im Leben und sollten nicht tabuisiert werden. Eine Untersuchung der Harvard University hat zum Beispiel gezeigt, dass die Beteiligten der Studie weniger Neid empfanden, wenn ihre Kolleg*innen sowohl Erfolge als auch Misserfolge im Laufe des Arbeitslebens berichteten.3
Natürlich kommt es trotzdem auf das richtige Maß an. Wenn bei der potenziellen Kundschaft der Eindruck entsteht, man würde sich ständig schlecht reden, die eigenen Erfolge bagatellisieren (“Zufall, Glück”) oder sogar versuchen, sie emotional zu erpressen, schlagen positive Effekte schnell ins Gegenteil um. Für manche können sich die vermeintlichen “Misserfolge” einer anderen Person nämlich wie Erfolge anfühlen – gerade bei Verkaufszahlen ist das nicht unwahrscheinlich – und nichts ist unangenehmer, als das Gefühl, dass eigene Fortschritte nichts wert seien. Deswegen: Das richtige Maß, den richtigen Ton und das richtige Timing sind wichtig, wenn es um Misserfolge geht. Aber totschweigen sollte man sie nicht.
Erfolge richtig deuten
Wir haben gesehen, dass wahrgenommene Kontrolle über eine Situation Gefühle von Neid beeinflussen kann. Je mehr wir also über die Personen wissen, mit denen wir uns vergleichen, über ihre Arbeit, ihren Fortschritt und die Bemühungen, die sie dafür investiert haben, desto besser können wir die Situation einschätzen. Wenn sich jemand einen Erfolg mit harter Arbeit und Investment erkämpft hat, empfinden wir wesentlich weniger Neid, als wenn das Gefühl entsteht, jemandem sei etwas einfach so „in den Schoß gefallen“.
Die meiste Arbeit, die Menschen investieren, sehen wir nicht. Wir wissen nicht, wie viel eine Person gearbeitet und investiert hat, um an den Punkt zu kommen, an dem sie steht. Wir glauben es aber oft zu wissen und machen daher den Fehler, Erfolge anderer primär den Umständen zuzuschreiben, statt ihren eigenen Fähigkeiten. Diese Form der externalen Attribution ist sehr eng mit Neid verknüpft. Vor allem dann, wenn man eigene Misserfolge internal attribuiert, also auf eigenes Versagen zurückführt. So entsteht ein Muster, das langfristig sogar zu Depressionen und dem Gefühl völliger Hilflosigkeit führen kann („ich bin schlecht, weil ich nichts kann – andere sind besser, weil sie Glück haben“). Über verschiedene Formen der Ursachenzuschreibung und ihre Folgen habe ich auch schon in einem früheren Artikel zum Thema Umgang mit Kritik geschrieben.
Zugleich dürfen die Umstände aber auch nicht völlig vernachlässigt werden. Strukturelle Diskriminierung wie Rassismus, Sexismus, Ableismus etc. sind in allen Bereichen unseres Lebens vorhanden und die Aussage „du kannst alles schaffen, wenn du nur willst“ klingt gerade für Marginalisierte mehr als zynisch. Der Buchmarkt ist leider auch ein gutes Beispiel dafür. Eine realistische, umfassende Reflexion ist – wie so oft – das beste Mittel, um zu stimmigen Ergebnissen zu kommen.
Netzwerke und Freundschaften
Auch wenn Neid negative Folgen nach sich ziehen kann, muss er nicht zwangsläufig zu schädlichen Effekten führen. Eine Studie mit Instragram-Nutzern fand heraus, dass soziale Vergleiche mit anderen Profilen nicht zu mehr Neid führten, wenn die beteiligten Personen einander mochten und ihr Netzwerk als positiv und wertschätzend einstuften. In diesem Fall führte der soziale Vergleich sogar zu mehr Inspiration.4
Kurzum, wir können auch bei Menschen, die wir mögen, Neid empfinden. Die negativen Folgen sind aber weit weniger deutlich, wenn man einander wertschätzt und in der Lage ist, die Erfolge und Fortschritte anderer wohlwollend zu betrachten und daraus sogar nutzen für den eigenen Fortschritt zu ziehen. Eine gewisse positive Konkurrenz kann sogar förderlich sein, um über sich selbst hinauszuwachsen. Nur sollte es dabei immer fair zugehen.
Barrieren abbauen
Eine bedeutende Quelle von Neid ist wahrgenommene Ungerechtigkeit. Um Neid also langfristig zu bekämpfen, müssen wir für fairere, transparentere Strukturen sorgen, mehr Teilhabe für alle ermöglichen, Barrieren abbauen und inklusiver werden. Inhaltlich in unseren Texten, aber vor allem in unserer Zusammenarbeit und unserer genseitigen Unterstützung. Wir können die Welt nicht von heute auf morgen gerechter machen, aber zumindest einen kleinen Teil beitragen.
Eine Welt ohne Neid?
Vielleicht wäre eine Welt ohne Ungerechtigkeit auch eine Welt ohne Neid. Schwer zu sagen, das ist eher ein Gedankenexperiment für die Science-Fiction. Vielleicht sind wir Menschen auch einfach zu sehr darauf fokussiert, uns zu vergleichen, als dass wir diesen Reflex irgendwann ablegen könnten.
Fakt ist jedenfalls: Wir sollten Neid nicht tabuisieren, sondern darüber sprechen. Über Ungerechtigkeit, über fehlende Kontrolle, über die eigene Unzufriedenheit, über Misserfolge. Und zugleich sollten wir uns über das freuen, was wir erreicht haben, über unsere Fortschritte, Erfolge und Meilensteine. Vielleicht kriegen wir dann auch den Neid in den Griff.
Weiterführende Links
Johanna Haag: „Neid darf wehtun“. Interview mit der Sozialpsychologin Katja Corcoran.
Jade S. Kye: „Hürden für BI_PoC Autor*innen in der Buchbranche“ – Interview mit Nora Bendzko und James Sullivan.
Referenzen
1. Lin, R. (2017). Silver lining of envy on social media? The relationships between post content, envy type, and purchase intentions. Internet Research, abgerufen unter: http://www.emeraldinsight.com/1066-2243.html↩
2. Haubl, R. & Brähler, E. (2009). Neid und Neidbewältigung in Deutschland Ergebnisse einer repräsentativen Fragebogenuntersuchung. Abgerufen unter: http://docplayer.org/64530553-Neid-und-neidbewaeltigung-in-deutschland.html↩
3. Brooks, A. W., Huang, K., Abi-Esber, N., Buell, R. W., Huang, L., & Hall, B. (2019). Mitigating malicious envy: Why successful individuals should reveal their failures. Journal of Experimental Psychology, 148, 667–687. https://doi.org/10.1037/xge0000538↩
4. Noon, E. J. & Meier, A. (2019). Inspired by Friends: Adolescents‘ Network Homophily Moderates the Relationship Between Social Comparison, Envy, and Inspiration on Instagram. Cyberpsychology, Behavior, and Social Networking. https://doi.org/10.1089/cyber.2019.0412↩